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DTSB - Deutscher Turn- und Sportbund der DDR

Anfänge des Sports in der sowjetischen Besatzungszone

Das Kontrollratsgesetz Nr. 2, das die Liquidierung nationalsozialistischer Organisationen - als Nr. 43 der Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen - zum Inhalt hatte, galt natürlich auch für die sowjetische Besatzungszone.
Im Gegensatz zu den westlichen Besatzungszonen wurde die Kontrollratsdirektive Nr. 23 konsequent umgesetzt, nach der alle bisherigen Sportorganisationen bis zum 01.01.1946 aufzulösen waren. Die Sportförderung war nur noch auf kommunaler Ebene zulässig. Die sich bildenden kommunalen Sportgruppen (SG) wurden von den in allen Orten gebildeten antifaschistischen Jugendausschüssen geleitet. Als sich aus diesen Jugendausschüssen am 07.03.1946 der kommunistische Jugendverband Freie Deutsche Jugend (FDJ) formierte, übernahm dieser die Verantwortung für den Sport.
Anfangs wurde von der sowjetischen Militäradministration jeglicher Sportverkehr über Kreisgrenzen hinaus untersagt. Doch nach und nach wurden diese Bestimmungen gelockert. Ab 22.03.1948 durften unpolitische Organisationen, also auch Sportvereine gegründet werden. In mehreren Etappen fielen bis zum Sommer 1948 auch die noch bestehenden Einschränkungen bei den Vereinsnamen.
Um den zunehmenden Sportverkehr besser organisieren zu können, wurde am 01.10.1948 der Deutsche Sportausschuß (DS) gebildet. Schwerpunkt der Arbeit war der Massensport, allerdings sollte auch eine Leistungsspitze aufgebaut und gefördert werden.
Zur FDJ gesellte sich als weiterer Träger der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB = Einheitsgewerkschaft in der DDR). Die bisher kommunal organisierten Sportgruppen hatten sich einem Trägerbetrieb anzuschließen. So entstanden ab März 1949 in großem Stil und auf massiven politischen Druck hin die ersten Betriebssportgemeinschaften (BSG).



Die Sonderrolle Berlins

Berlin spielte sportpolitisch in den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg eine gewisse Sonderrolle.
Die ehemalige Reichshauptstadt Berlin war Sitz des Alliierten Kontrollrates. Obwohl in vier Sektoren geteilt, stand die Stadtverwaltung unter sowjetischer Kontrolle. Somit wurde auch in den Westsektoren die Kontrollratsdirektive Nr. 23 umgesetzt und nur die Gründung von 36 kommunalen Sportgruppen (SG) zugelassen. Jeder Sportler hatte sich der SG seines Wohnorts anzuschließen. Doch nach und nach wurden diese Bestimmungen gelockert. Ab 22.03.1948 durften unpolitische Organisationen, also auch Sportvereine gegründet werden. In mehreren Etappen fielen bis zum Sommer 1948 auch die noch bestehenden Einschränkungen bei den Vereinsnamen.
Dann kam der 21.06.1948. In den drei Westsektoren wurde wie in den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands eine Währungsreform durchgeführt. Nach den daraus resultierenden heftigen Spannungen kam es zur Blockade der Zufahrtswege nach Westberlin durch die sowjetische Besatzungsmacht. Trotz dieser Blockade und dem Auseinanderbrechen des am 21.06.1945 gebildeten Zentralen Sportausschußes in einen Westberliner Sportverband (de facto seit 30.11.1948, offizielle Gründung des Sportverbands Berlin am 29.10.1949) und einen Ostberliner Sportausschuß (gegründet am 19.01.1949; am 02.02.1949 umbenannt in Sportausschuß von Groß-Berlin) blieb der Sportverkehr zwischen den Sektoren bestehen. So wurden auch in der Saison 1948/49 z.B. Gesamtberliner Meisterschaften im Fußball, Handball usw. ausgetragen.
Doch die Spaltung ging weiter. Schon am 10.02.1949 wird der Sportausschuß von Groß-Berlin in den Deutschen Sportausschuß aufgenommen. Die sportorganisatorische Integration Ostberlins in die sowjetische Besatzungszone war damit abgeschlossen.
Der in den Westsektoren tätige Sportverband Berlin bzw. später der Landessportbund (LSB) Berlin gehörte seinerseits folgerichtig zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Sportbundes. Er hatte auch schon vorher im Arbeitsausschuß Deutscher Sport mitgearbeitet.
Interessanterweise gab es in Berlin aber weiterhin gemeinsame Spielrunden. Nur im Fußball war die Gemeinsamkeit schon nach der Saison 1949/50 beendet worden, da die Westberliner Vereine den Vertragsspieler-Status einführten, was von Ostberliner Seite abgelehnt wurde. Erst am 01.10.1952 beendete der LSB Berlin den sektorenübergreifenden Spielverkehr. Die Ostberliner Mannschaften wurden in die Spielklassen der DDR eingeordnet.
Auch in den folgenden Jahrzehnten gab es immer wieder Diskussionen um die Zugehörigkeit des Westberliner Sports zum DSB, dessen Einbeziehung in das NOK für Deutschland, angedrohte oder durchgeführte Boykotte. Doch alle diese Störmanöver des Ostblocks änderten am Status quo nichts.



Deutscher Sportausschuß in der DDR (DS)

ds-logo Bis Anfang des Jahres 1950 hatten sich außer in Ostberlin (dort bis Ende 1951) alle Sportgruppen einem Trägerbetrieb anschließen müssen und waren Betriebssportgemeinschaften geworden.
Auch der DS organisierte sich um. 18 Sportvereinigungen (SV) für 18 Wirtschaftszweige bildeten die neue Struktur: SV Aktivist, SV Aufbau, SV Chemie, SV Dynamo, SV Einheit, SV Empor, SV Fortschritt, SV Lokomotive, SV Medizin, SV Motor, SV Post, SV Rotation, SV Stahl, SV Traktor, SV Turbine, SV Vorwärts, SV Wismut (Am 12.05.1950 als erste Sportvereinigung gegründet.) und SV Wissenschaft. Alle BSG wurden einer Sportvereinigung zugeordnet und hatten als Vereinsnamen den Namen der SV zu übernehmen. So entstanden die bekannten Vereinsnamen wie Motor, Vorwärts, Lok usw.
Die sportfachliche Zuständigkeit blieb bei den 1948 gebildeten Zentralen Sparten, die ab Ende 1950 in Sektionen umgebildet wurden.
Die DDR-Führung hatte recht bald den Spitzensport als Mittel erkannt, um politische Bedeutung zu erlangen. Der Spitzensport sollte durch das 1952 gebildete Staatliche Komitee für Körperkultur und Sport beim Ministerrat der DDR zentral gefördert werden. Gleichzeitig wurde eine Abteilung Sport beim ZK der SED (Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland = höchstes Organ der herrschenden kommunistischen Partei zwischen den Parteitagen) eingerichtet. Wie alle Organisationen erhielt auch der DS hinfort seine Anweisungen direkt von Partei und Regierung. Doch noch waren Spitzenleistungen rar, blieben Erfolge eher bescheiden. So wurden ab Herbst 1954 innerhalb der Sportvereinigungen Sportclubs (SC) als Zentren des Leistungssport gebildet, in denen die Spitzensportler konzentriert und gefördert werden sollten.
Bedingt durch die Doppelträgerschaft von FDJ und FDGB hatte der DS keine wählbaren Organe.

Leiter des DS

01.10.1948 - 23.03.1949 Waldemar Borde
23.03.1949 - 15.01.1951 Ernst Horn
15.01.1951 - 19.09.1952 Fred Müller
19.09.1952 - 27.04.1957 Rudi Reichert



Deutscher Turn- und Sportbund (DTSB)

dtsb-logo Die Organisationsstruktur des Deutschen Sportausschußes mit den 18 Sportvereinigungen und nur administrativ tätigen Sektionen erwies sich im Hinblick auf die vor allem auch aus politischen Gründen (Anerkennung der DDR als eigenständiger Staat) angestrebte Mitgliedschaft in den internationalen Föderationen als wenig vorteilhaft.
Der am 28.04.1957 gegründete Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) bildete die Sektionen 1958 in Sportverbände um. Damit war die Organisation des DDR-Sports der international üblichen angeglichen worden. An der zentralistischen Führung änderte sich jedoch nichts. Die Sportverbände hatten lediglich durchführende Aufgaben zu erfüllen. Die Sportvereinigungen spielten zukünftig bis auf die SV Dynamo (Sportvereinigung der Volkspolizei und der Staatssicherheit) und die SV Vorwärts (Sportvereinigung der Nationalen Volksarmee - NVA) nur noch eine unbedeutende Rolle.
Die regionalen Grundorganisationen blieben neben den SC (als Leistungssportzentren), die Betriebssportgemeinschaften, sowie die den BSG gleichgestellten Hochschulsportgemeinschaften (HSG), Fachschulsportgemeinschaften (FSG), Schulsportgemeinschaften (SSG), Wohnsportgemeinschaften (WSG), Armeesportgemeinschaften (ASG), um nur einige zu nennen.
1980 gehörten dem DTSB 33 Sportverbände und 2 kooperative Verbände an:
Deutscher Basketball-Verband (DBV),
Deutscher Billard-Sport-Verband (DBSV),
Deutscher Bogenschützen-Verband (DBSV),
Deutscher Boxverband (DBV),
Deutscher Eislauf-Verband (DELV),
Deutscher Faustball-Verband (DFV),
Deutscher Fecht-Verband (DFV),
Deutscher Federball-Verband (DFV),
Deutscher Fußball-Verband (DFV),
Deutscher Gewichtheber-Verband (DGV),
Deutscher Handball-Verband (DHV),
Deutscher Hockey-Sportverband (DHSV),
Deutscher Judo-Verband (DJV),
Deutscher Kanu-Sportverband (DKSV),
Deutscher Kegler-Verband (DKV),
Deutscher Verband für Leichtathletik (DVfL),
Deutscher Pferdesport-Verband (DPV),
Deutscher Radsport-Verband (DRSV),
Deutscher Ringer-Verband (DRV),
Deutscher Rollsport-Verband (DRV),
Deutscher Ruder-Sportverband (DRSV),
Deutscher Rugby-Sportverband (DRSV),
Deutscher Schachverband (DSV),
Deutscher Schlitten- und Bobsport-Verband (DSBV),
Deutscher Schwimmsport-Verband (DSSV),
Bund Deutscher Segler (BDS),
Deutscher Skiläufer-Verband (DSLV),
Deutscher Tennis-Verband (DTV),
Deutscher Tischtennis-Verband (DTTV),
Deutscher Turn-Verband (DTV),
Deutscher Verband für Versehrtensport (DVfV),
Deutscher Sportverband Volleyball (DSVB),
Deutscher Verband für Wandern,
Bergsteigen und Orientierungslauf (DWBO),
sowie kooperativ Deutscher Angler-Verband (DAV)
und Allgemeiner Deutscher Motorsport-Verband (ADMV).
In der politischen Wendezeit des Herbstes 1989 versuchte die DTSB-Führung anfangs das Überleben. So beriet der Bundesvorstand auf seiner 15. Tagung die „Aufgaben der Sportorganisation in einer sich erneuernden DDR”. Eichler ließ sich auf dieser Tagung am 30.11.1989 sogar noch einstimmig in seinem Amt bestätigen. Auf einer außerordentlichen Tagung am 12.12.1989 in Kienbaum sah sich der gesamte Bundesvorstand allerdings zum Rücktritt gezwungen. Es wurde ein 25köpfiger Arbeitsausschuss gewählt, der bis zum März die Verantwortung übernahm. Die neue Regierung beschlagnahmte am 21.06.1990 das Vermögen des DTSB und stellte es unter Treuhandschaft. Nach der demokratischen Neugründung der Länder gründeten sich bis Ende September auch fünf Landessportbünde (LSB). Diese beschlossen am 22.09.1990 die Aufnahme in den Deutschen Sportbund der Bundesrepublik Deutschland auf dem außerordentlichen Bundestag am 14.12.1990 in Hannover zu beantragen.
Am 05.12.1990 tagte der DTSB zum letzten Mal und beschloss seine sofortige Selbstauflösung.

Präsidenten

28.04.1957 - 27.05.1961 Rudi Reichert
27.05.1961 - 05.11.1988 Manfred Ewald
05.11.1988 - 12.12.1989 Klaus Eichler
12.12.1989 - 03.03.1990 Prof. Dr. Hans-Georg Herrmann, amtierend
03.03. - 05.12.1990 Martin Kilian



Nationales Olympisches Komitee der DDR (NOK)

nok-ddr-logo Am 22.04.1951 wurde in der DDR ein Nationales Olympisches Komitee gegründet. Auf der 45. IOC-Session in Wien am 09.05.1951 erkannt man das westdeutsche NOK an. Der Antrag des NOK der DDR wurde abgelehnt. Stattdessen wurden beide NOK aufgefordert, über die Bildung eines gemeinsamen Nationalen Olympischen Komitees und die Entsendung einer gemeinsamen Mannschaft zu den Olympischen Spielen 1952 zu verhandeln.
Zwar unterzeichneten noch im Mai 1951 das IOC und beide deutsche NOK eine entsprechende Vereinbarung, doch rückte das NOK der DDR später wieder davon ab. So nahmen keine Sportler aus der DDR an den Olympischen Spielen 1952 teil.
Vom 13. - 18.06.1955 auf der 50. Session in Paris erkannte das IOC das NOK der DDR unter der offiziellen Bezeichnung NOK für Ostdeutschland vorläufig an. Bedingung war aber, dass für die Olympischen Spiele 1956 eine gesamtdeutsche Mannschaft gebildet wird. Bei dieser gemeinsamen Mannschaft blieb es dann bis einschließlich der olympischen Sommerspiele 1964.
Auf der 63. IOC-Session vom 06. - 08.10.1965 in Madrid erfolgte die vollständige Anerkennung des NOK für Ostdeutschland mit der Maßgabe, dass bei den Winterspielen und Sommerspielen 1968 beide deutsche Mannschaften mit gemeinsamer Flagge, Emblem und Hymne starten. Ab 01.11.1968 war dann aber die völlige Souveränität des nun auch vom IOC so bezeichneten NOK der DDR hergestellt. Die DDR-Sportler starteten in Zukunft unter eigener Flagge und mit eigener Hymne.
Am 04.07.1990 beschlossen die beiden deutschen NOK-Präsidenten die Bildung eines Lenkungsausschusses und von Arbeitsgruppen, die die Vereinigung vorbereiten sollten. Am 17.11.1990 war es dann soweit: Die Mitgliederversammlung des NOK der ehemaligen DDR beschloss, dass sein Statut zum 31.12.1990 seine Gültigkeit verliert. Auf einer anschließenden gemeinsamen Sitzung im Berliner Reichstag wurde dann die Vereinigung beider Organisationen im NOK für Deutschland beschlossen.

Präsidenten

22.04.1951 - 26.02.1955 Kurt Edel
26.02.1955 - 16.03.1973 Dr. Heinz Schöbel
16.03.1973 - 06.01.1990 Manfred Ewald
06.01. - 16.07.1990 Dr. Günther Heinze, amtierend
16.07. - 31.12.1990 Prof. Dr. sc. Dr. Joachim Weiskopf



Letzte Änderung: 04.02.2019