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Dachverbände im bürgerlichen deutschen Sport bis 1945

Anfänge des Sports in Deutschland

Deutschlands moderne Sportbewegung beginnt mit dem vom Pädagogen Johann Christoph Friedrich GutsMuths (1759 - 1839) an der Lehranstalt im thüringischen Schnepfenthal praktizierten modernen Jugendturnen. Friedrich Ludwig Jahn (1778 - 1852) erweiterte diese Ideen zur volkstümlichen Turnbewegung. 1811 schuf er in der Berliner Hasenheide den ersten öffentlichen Turnplatz. Da er die „deutsche Turnkunst” vor allem als Mittel zur Gemeinschaftsbildung und Nationalerziehung ansah, hatte er - selbst Verfechter der deutschen Einigung - eine große Anhängerschaft unter den Burschenschaften. Einen Rückschlag gab es durch die Turnsperre von 1820 - 1842, als Folge der Ermordung des Dichters Kotzebue durch einen Burschenschaftler. Doch als nach der Aufhebung der Sperre Turnen 1843 Pflichtlehrfach an preußischen Schulen wurde, war der Durchbruch geschafft.
Die Turner lehnten aber den in den 1870er Jahren auch in Deutschland Fuß fassenden englischen Sport ab. (Den Begriff Sport führte Hermann Fürst von Pückler-Muskau 1828 mit seinen Reiseberichten aus Großbritannien in die deutsche Sprache ein.) Doch die Sportbewegung hatte längst ihre Anhänger gefunden. Mit dem Deutschen Schwimmverband (1886), dem Deutschen Nationalen Eislaufverband (1888), der Deutschen Sportbehörde für Athletik (1897) und dem Deutschen Rugby-Fußball-Verband (1898) entstanden die ersten Sportverbände mit nationaler Bedeutung. Doch sollte sich der Kampf der Turner gegen die Sportler noch bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts fortsetzen.
Zur Vorbereitung der ersten Sportausstellung in Berlin und einer Beteiligung an den Festspielen aus Anlass der Hundertjahrfeier für Kaiser Wilhelm I. versuchte der Afrikaforscher Dr. Carl Peters ab Ende März 1895 eine erste Dachorganisation zu gründen, dem zunächst die Berliner Führer des Turn- und Sportwesens angehören sollten. Durch den großen Erfolg der Sportausstellung beflügelt, erfolgte im September 1895 die konstituierende Sitzung des Deutschen Bundes für Sport, Spiel und Turnen. Wegen der Begeisterung des Protagonisten Karl August Willibald Gebhardts (1861 - 1921) für die olympische Idee kam es zu Spannungen im Bund. Die größte deutsche Organisation für Leibesübungen, die Deutsche Turnerschaft (DT) lehnte die olympische Idee und den Sport im Allgemeinen als undeutsch, ungesund und sittenverrohend ab.
Gebhardt, der sich von seiner Beschäftigung mit Licht- und Bewegungstherapien her für den Sport begeistert hatte, trat aus und gründete am 13.12.1895 im Berliner Hotel zu den vier Jahreszeiten das Komitee zur Beteiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen zu Athen. Ein geschickter Schachzug war, dass er selbst sich nur zum Generalsekretär machte und mit dem Vorsitzenden Erbprinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst, eine ob ihrer deutschen Gesinnung untadlige Persönlichkeit gewinnen konnte. Trotzdem war die Teilnahme deutscher Sportler an den ersten olympischen Spielen stark gefährdet, da in Frankreich eine Kampagne gegen Deutschland entfacht wurde, der Coubertin nicht entgegentrat. So lehnten neben der DT auch andere deutsche Verbände eine Teilnahme ab.
Nach Abschluss der Spiele ruhten die Geschäfte des Ausschusses, bis er sich drei Jahre später zur Vorbereitung der Teilnahme an den Olympischen Spielen 1900 wieder zusammenfand. Waren die Mittel für die Spiele 1896 noch ausschließlich aus privaten Quellen bestritten worden, gab es diesmal Reichsmittel für die Pariser Weltausstellung, in die die Olympischen Spiele eingebettet waren. Auch für die Teilnahme an den Spielen von 1904 gab es ein Organisationskomitee, deren Vorsitz wieder mit hochstehenden Persönlichkeiten besetzt werden konnte.

Komitee für die Beteiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen zu Athen
13.12.1895 - 1896 Vorsitzender Erbprinz Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst

Über eine Abschlusssitzung oder Auflösung ist bisher nichts bekannt.

Komitee für die Beteiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen zu Paris
12.12.1899 - 11.02.1901 Vorsitzender Prinz Aribert von Anhalt

letzte Hauptversammlung am 11.02.1901

Deutsches Komitee für die Olympischen Spiele in St. Louis 1904
19.01.1903 - 25.03.1904 Vorsitzender Prinz Eduard Max Vollrath Friedrich zu Salm-Horstmar



Zentralausschuß für Volks- und Jugendspiele

Am 21.05.1891 gründete Dr. med. h.c. Emil von Schenckendorff den Zentralausschuß zur Förderung der Jugend- und Volksspiele in Deutschland. Zweck des Verbandes war „die Leibesübungen im Freien insbesondere die Volks- und Jugendspiele in Deutschland zur allgemeinen Volkssitte zu machen” (Auszug aus der Satzung). Mitglieder waren vor allem Kommunen und Ortsmitglieder, aber auch Einzelpersonen, Behörden, Firmen und Vereine. Von den Sportverbänden seien als wichtigste genannt: Deutscher Schwimmverband, Deutsche Turnerschaft, seit 1917 der Deutscher Eissportverband.
Von Schenckendorff war bis zu seinem Tode Vorsitzender des seit dem 17.11.1912 unter dem Namen Zentralausschuß für Volks- und Jugendspiele eingetragenen Vereins. Nachfolger wurde der Oberbürgermeister von Berlin-Schöneberg Dr. Dominicus.
Der Zentralausschuß gehörte zu den Gründungsmitgliedern des am 23.02.1913 in Leipzig geschaffenen Deutschen Kampfspielbundes (Vorsitzender Geheimrat Dr. Wilhelm Rolfs [München]). Dieser Bund wollte vor dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig eine Wettkampfstätte schaffen, auf der nationale Wettkämpfe und Spiele ausgetragen werden sollten. Zwar war der Zentralausschuß damit seiner schon im Sommer 1895 geäußerten Idee Deutscher Kampfspiele nähergekommen, seine Verwirklichung sollte er allerdings nicht mehr erleben. Am 01.04.1922 ging der Zentralausschuß für Volks- und Jugendspiele im Deutschen Reichsausschuß für Leibesübungen auf.

Vorsitzender

21.05.1891 - 01.03.1915 🕆 Dr. med. h.c. Emil von Schenckendorff
01.03. - 03.10.1915 -----
03.10.1915 - 01.04.1922 Dr. Adolf Alexander Eberhard Dominicus



Deutscher Reichsausschuß für Leibesübungen (DRA)

dra-logo Nach den jeweils zur Vorbereitung der Teilnahme an den Olympischen Spielen gegründeten Organisationskomitees, die sich anschließend immer wieder auflösten, schien Gebhardt 1904 die Zeit für eine ständige Einrichtung gekommen zu sein. Am 25.03.1904 konstituierte sich das Deutsche Komitee für die Olympischen Spiele in St. Louis 1904 zum Deutschen Reichsausschuß für Olympische Spiele (DRAfOS). Im Paragraph 1 der Satzung wurden als Aufgaben formuliert:
- Veranstaltung nationaler Olympischer Spiele in Deutschland (damit Aufnahme der Idee Deutscher Kampfspiele des Zentralausschußes für Volks- und Jugendspiele),
- Teilnahme an den internationalen Olympischen Spielen,
- Vereinigung der deutschen Leibesübungen betreibenden Körperschaften zu gemeinsamer Vertretung.
Ein großer Erfolg war 1906 der Beitritt der Deutschen Turnerschaft.

Unter Podbielski, der auch Vizepräsident des Berliner Union-Clubs war, wurde auf dem Gelände der Grunewald-Rennbahn der 1906 gefasste Beschluss verwirklicht und eine nationale Hauptwettkampfstätte - Deutsches Stadion - errichtet. In diesem Stadion sollten die Olympischen Spiele 1916 stattfinden. Mit der Eröffnung des Stadions am 08.06.1913 bekam der DRAfOS eine neue Satzung und ein Generalsekretariat mit zwei Generalsekretären: dem im 1. Weltkrieg gefallene Kurd Rösler und Diem, letzterer ausschließlich für die Vorbereitung der Olympischen Spiele 1916. Mit Carl Diem wurde einer der fähigsten deutschen Funktionäre Generalsekretär. Der DRAfOS weitete seine Tätigkeit deutlich aus. Im Deutschen Stadion wurden Ausbildungskurse für Vereinsführer abgehalten. Jugend-Wettspiele wurden eingeführt. Der Widerstand in Schulbehörden und der Armeeführung konnte gebrochen und „Olympia-Prüfungs-Wettkämpfe”, später „Reichsjugendwettkämpfe” eingeführt werden. Daraus entwickelte sich das „Deutsche Turn- und Sportabzeichen”, als Möglichkeit die breite Masse an die regelmäßige sportliche Betätigung heranzuführen.
Am 25.01.1917 erfolgte die Gründung (Umbenennung) des Deutschen Reichsausschußes für Leibesübungen (DRA). In der ersten Hauptversammlung nach dem Kriege am 15.04.1919 wurde Staatssekretär Dr. Lewald Präsident. Das Aufgabenfeld des DRA wurde durch die Vereinigung mit dem Deutschen Kampfspielbund und 1922 dem Zentralausschuß für Volks- und Jugendspiele, sowie dem Beitritt von Verbänden mit allgemeinen Zielen (u.a. DJK, Eichenkreuz) deutlich erweitert. Am 15.05.1920 schuf der DRA mit der Deutschen Hochschule für Leibesübungen in Berlin eine weltweit einmalige wissenschaftliche Lehrstätte.

Mit dem Beitritt des Zentralausschußes für Volks- und Jugendspiele wurde die Idee zur Austragung Deutscher Kampfspiele als nationales Olympia vom DRA verstärkt aufgegriffen. Nicht zuletzt auch, weil man aus der internationalen Sportbewegung seit dem Kriegsende ausgeschlossen war. Sie sollten das Fest aller Deutschen sein als „Ausdruck der deutschen Volkseinheit, der leiblichen Kraft und Gesundheit unserer Jugend und ihres stolzen und hochgemuten Sinnes”. Jeder Deutsche auf der Welt konnte sich beteiligen. Doch die Spaltung der deutschen Sportbewegung konnten auch die Kampfspiele nicht überwinden. Die in der Zentralkommission für Arbeitersport und Körperpflege organisierten Arbeitersportler lehnten die Deutschen Kampfspiele ebenso ab, wie anfangs die Deutsche Turnerschaft. Deren Ressentiments gegen Sport und Olympia lebten nach dem 1. Weltkrieg wieder auf. Dazu kam die Angst vor einer Konkurrenz zu ihren „Deutschen Turnfesten”. Insgesamt vier Mal fanden Deutsche Kampfspiele statt:
1. Deutsche Kampfspiele vom 11.06. - 02.07.1922 im Deutschen Stadion Berlin
2. Deutsche Kampfspiele vom 04. - 11.07.1926 in Köln
3. Deutsche Kampfspiele vom 26. - 29.06.1930 in Breslau
4. Deutsche Kampfspiele vom 22. - 29.07.1934 in Nürnberg.
Dazu kamen noch die entsprechenden Winterkampfspiele:
1. Winterkampfspiele vom 22. - 29.01.1922 in Garmisch-Partenkirchen
2. Winterkampfspiele Januar 1926 in Garmisch-Partenkirchen, Triberg und Titisee
3. Winterkampfspiele vom 18. - 20.01.1930 in Krummhübel
4. Winterkampfspiele im Januar 1934 in Schierke

Am 18.08.1925 traten die Deutsche Turnerschaft und andere Verbände aus Protest gegen die von Erfolg gekrönten Bestrebungen des DRA zur Wiederaufnahme in die Olympische Bewegung aus. (Im November 1924 waren mit Theodor Lewald und Oskar Ruperti wieder zwei Deutsche als Mitglieder ins IOC aufgenommen worden.) Schon am 13.10.1926 trat die DT allerdings dem DRA wieder bei.
Auf der letzten Vorstandssitzung des DRA am 12.04.1933 traten Präsident und Generalsekretär zurück. Die beschlossene Kommission zur zukünftigen Organisation des deutschen Sports kam einer Auflösung gleich. Vor allem die illegale Kollaboration der Verbände DFB, DRV (Ruderer), DSV (Schwimmer) und DT mit dem Reichssportkommissar trieb den DRA am 10.05.1933 in die Selbstauflösung.

Gehörten dem DRA kurz vor dem 1. Weltkrieg 14 Verbände (1913) an, so waren es 1930 42 Verbände:
Mitglieder im engeren Sinne: Verbände, die Leibesübungen treiben
Deutsche Turnerschaft (1906 - 18.08.1925; seit 13.10.1926), Deutsche Jugendkraft, Eichenkreuz (seit 1926), Allgemeiner Deutscher Turnerbund (seit 1924; Der Allgemeine Deutsche Turnerbund entstand schon 1922 durch Vereinigung der Freien Deutschen Turnerschaft [noch bis 1924 Mitglied im DRA], des Schwäbischen Turn- und Spielverbandes und des Südwestdeutschen Turnerbundes.), Deutsche Sportbehörde für Leichtathletik, Deutscher Athletik-Sportverband von 1891, Reichsgemeinschaft für Kleinkaliberschießsport, Deutscher Schützenbund, Deutsches Kartell für Jagd und Sportschießen (seit 1924), Reichsverband Deutscher Kleinkaliber-Schützenverbände (seit 1926), Vereinigung deutscher Schießverbände, Verband der Schießvereine deutscher Jäger (seit 1924), Deutscher Schwimmverband (seit 1924), Deutscher Rugby- Fußball-Verband (seit 1925), Deutscher Hockey-Bund (seit 1925), Bund Deutscher Radfahrer, Deutscher Rad- und Motorfahrer-Verband „Concordia”, Deutscher Eislaufverband (seit 1925), Deutscher Fußball-Bund (seit 1924), Deutscher und Österreichischer Alpenverein (gegründet 1922), Allgemeiner Deutscher Automobil Club (gegründet 1925), Automobil Club von Deutschland (gegründet 1925), Turngilde im Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband (gegründet 1924), Reichsverband für Frauenturnen in katholischen Vereinen (gegründet 1928), Deutscher Reichsverband für Amateurboxen (gegründet 1924), Deutscher Fechter-Bund (gegründet 1904), Reichsverband für Jiu-Jitsu (gegründet 1926), Deutscher Keglerbund (gegründet 1922), Deutscher Ruderverband (gegründet 1904), Deutscher Golf-Verband (gegründet 1913), Bund Deutscher Rollschuhvereine, Deutscher Motorradfahrer-Verband (gegründet 1925), Deutscher Luftfahrt-Verband (gegründet 1923), Deutscher Ski-Verband (gegründet 1913), Deutscher Bob-Verband (gegründet 1920), Deutscher Rodelbund (gegründet 1922), Bund Jungdeutschland, Deutscher Kanu Verband (gegründet 1920), Reichsverband für Zucht und Prüfung Deutschen Warmbluts (gegründet 1922), Deutscher Segler-Verband gegründet 1917), Deutscher Seglerbund (gegründet 1926), Deutscher Tennisbund (gegründet 1904)
Mitglieder im weiteren Sinne: Vereinigungen, die Leibesübungen fördern und Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden
Keine Mitglieder u.a.:
Deutscher Tischtennis-Bund, Verband Deutscher Poloklubs, Deutscher Wintersportverband, Arbeitsgemeinschaft deutscher Anglerbünde, Deutscher Anglerbund, Deutscher Rennfahrerverband, Vereinigung deutscher Radsport-Verbände und deren Mitgliedsverbände mit Ausnahme des Deutschen Rad- und Motorfahrerverbandes „Concordia”

Vorsitzende

Deutscher Reichsausschuß für Olympische Spiele
25.03.1904 - 31.03.1909 🕆 Graf Egbert Hoyer von der Asseburg
01.04.1909 - 21.01.1916 🕆 Victor Adolf Theophil von Podbielski
22.01.1916 - 25.01.1917 ---
Deutscher Reichsausschuß für Leibesübungen
25.01.1917 - 15.04.1919 Ulrich von Örtzen, kommissarisch
15.04.1919 - 12.04.1933 Präsident Dr. Theodor Lewald

Deutscher Sportbund (alt)

Der Deutsche Athletik-Sportverband von 1891, der Deutsche Fußball-Bund, die Deutsche Sportbehörde für Athletik und der Deutsche Schwimmverband bildeten 1908 erstmals einen Verbund mit dem Namen Deutscher Sportbund. Nach der Ablehnung des Vertragsentwurfs zur Gründung eines Deutschen Turn- und Sportbundes durch die Deutsche Turnerschaft erfolgte am 09.11.1924 in Berlin die Wiedergründung des Deutschen Sportbundes durch die vier bisherigen Sportverbände und dem Bund Deutscher Radfahrer. Der Deutsche Sportbund galt der Abgrenzung und Zusammenarbeit zwischen den Verbänden. Geregelt wurde, welcher Verband verantwortlich für die Durchführung deutscher Meisterschaften, die Anerkennung deutscher Rekorde und die Vertretung in internationalen Verbänden ist. So wurde zum Beispiel zwischen dem Deutschen Athletik-Sportverband von 1891 und der Deutschen Sportbehörde für Athletik die Zuordnung der umstrittenen schweren Wurfübungen geregelt. Ende 1927 löste sich der DSB schon wieder auf. Teilweise traten bilaterale Vereinbarungen der Verbände an seine Stelle.



Deutscher Reichsbund für Leibesübungen (DRL)

Am 28.04.1933 wurde der SA-Gruppenführer Hans von Tschammer und Osten zum Reichskommissar für Turnen und Sport ernannt. Am 30.05.1933 veröffentlichte er seine Richtlinien zum „Neuaufbau der deutschen Leibesübungen”. Mit sofortiger Wirkung wurde in allen Verbänden Gelände- und Wehrsport obligatorisch. Die Jugendarbeit übernahm das Jungvolk. Organisatorisch war ein unverbundenes Nebeneinander der am 24.05.1933 gebildeten 15 Fachverbände vorgesehen:
Deutscher Turnverband (später Fachamt 1), Deutscher Fußballverband (Fußball, Kricket und Rugby) (später Fachamt 2), Deutscher Leichtathletikverband (Leichtathletik und Handball) (später Fachamt 3), Deutscher Schwerathletikverband (Gewichtheben, Ringen, Boxen usw.) (später Fachamt 4), Deutscher Tennis- und Hockeyverband (später Fachamt 5), Deutscher Kegel- und Billardverband (später Fachamt 6), Deutscher Wintersportverband (Eissport, Skisport usw.) (später Fachamt 7), Deutscher Schießsportverband (später Fachamt 8), Deutscher Wassersportverband (Schwimmen, Wasserball usw.) (später Fachamt 9), Deutscher Wanderverband (später Fachamt 10), Deutscher Radsportverband (später Fachamt 11), Deutscher Kraftfahrerverband (später Fachamt 12), Deutscher Sportärzteverband (später Fachamt 13), Deutscher Sportpresseverband (später Fachamt 14), Deutscher Sportlehrerverband (später Fachamt 15).
Ebenfalls am 24.05.1933 war der Reichssportführerring der 15 vom Reichssportkommissar ausgewählten Verbandsführer geschaffen worden. Sie hatten nur beratende Stimme, die Entscheidung lag allein beim am 19.07.1933 zum Reichssportführer ernannten von Tschammer und Osten.
Im August 1933 wurde der Reichssportführer ohne Wahl auch Präsident des Deutschen Olympischen Ausschußes, des deutschen Nationalen Olympischen Komitees.
Zwar erfolgte am 23.01.1934 auf der Tagung des Reichssportführerrings die Proklamation des Deutschen Reichsbundes für Leibesübungen und am 09.03.1934 seine Gründung, in der Übergangsphase 1934 bis 1936 blieben die Verbandsstrukturen als solche aus wirtschaftlich-juristischen Gründen (Verbandsvermögen), aber auch zur Sicherung der internationalen Verbindungen im Vorfeld der Olympiavorbereitungen unangetastet. Die Fachämter organisierten und leiteten nur überverbandlich den gesamten sportsachlichen Betrieb. Die Ernennung der Fachamtsleiter erfolgte am 24.08.1934. Die Anzahl der Fachämter und ihre Nummerierung änderten sich noch einige Male. Beim ersten Kongress des DRL wurde von 21 gesprochen. 1935 trennte man Segeln und Motoryachtsport, sowie Kegeln und Billard, damit 23 Fachämter.
Bei der endgültigen Formierung des DRL am 01.01.1936 existierten 14 Reichsfachämter der Gruppe A (deren Vereine sind direkte Mitglieder im DRL). Die betroffenen Verbände Deutsche Turnerschaft, Deutscher Fußball-Bund, Deutscher Tennisbund, Deutscher Ski-Verband, Deutscher Schwimmverband, Deutscher Eislaufverband, Deutscher Ruder-Verband und Deutscher Schwerathletik-Verband mussten alle ihre Selbstauflösung beschließen. Die 10 restlichen noch bestehenden Fachverbände bildeten die Gruppe B, deren Vereine indirekt nämlich über ihre Verbände Mitglieder im DRL waren.

Der Deutsche Reichsbund für Leibesübungen stützte sich anfangs auf zwei Säulen, einer regionalen und einer fachlichen:

Reichssportführer
Reichsfachamtsleiter
Gauführer Gaufachamtsleiter
Kreisführer Kreisfachamtsleiter
Vereinsführer

Dieses Nebeneinander erwies sich als wenig praktikabel und wurde deshalb ab 01.04.1937 geändert:

Reichssportführer
(Reichsführung des DRL einschließlich Reichsfachämter)
Gauführer
(Gauführung einschließlich Gaufachwarte)
Kreisführer
(Kreisführung einschließlich Kreisfachwarte)

Die regionale Gliederung in Gaue und Kreise entsprach anfangs der landschaftlichen Einteilung der Deutschen Turnerschaft in 16 Kreise einschließlich eines Gaues Ausland. Der Gau Ausland übernahm die Betreuung auslandsdeutscher Vereine, die einem reichsdeutschen Verband angeschlossen waren (insgesamt 100.000 Mitglieder). Gleichzeitig wurde den Verbänden die Unterhaltung eigener Auslandsgaue untersagt.
Eine Hauptbeschäftigung der Reichsführung war das Aushandeln von Abmachungen zur Verhütung von Kollisionen mit den anderen Organisationen, die ebenfalls ihren politischen Führungsanspruch in den Leibesübungen reklamierten:
Mit der Organisation Kraft durch Freude (KdF = Die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude” war die Freizeitorganisation der im November 1933 gegründeten Deutschen Arbeitsfront (DAF). Die DAF wiederum war die an die Stelle der zerschlagenen Gewerkschaften getretene Einheitsorganisation aller „schaffenden Deutschen der Stirn und der Faust”.) wurde 1937 vereinbart, dass sich die KdF um die Leibesübungen in der Betriebsgemeinschaft oder in Kursen kümmert, Wettkämpfe aber nur im Rahmen des DRL durchgeführt werden.
In dem Maße wie die SA (Sturmabteilung = paramilitärische Formation der Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei [NSDAP]) an politischer Bedeutung verlor, strebte sie nach sportlicher Profilierung. So veranstaltet sie eigene Reichswettkämpfe in zahlreichen Sportarten. Im Abkommen vom 22.01.1938 wurde dann folgende Aufgabentrennung vereinbart: Die SA ist verantwortlich für die Wehrerziehung, Wehrwettkämpfe und die NS-Kampfspiele. Der DRL kümmert sich um die Leibeserziehung des Volkes und den Leistungs- und Wettkampfsport.
Bund Deutscher Mädel (BDM) und Hitlerjugend (HJ) (Teilorganisationen der NSDAP zur Erfassung und Gleichschaltung aller Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren) übernahmen Zug um Zug die gesamte Jugendarbeit (Abmachung 1938).
Auch die SS (Schutzstaffel = NSDAP-interne Sicherheitsorganisation) veranstaltete eigene Reichswettkämpfe. Im Gegensatz zu den anderen Organisationen erkannte sie den Führungsanspruch des DRL von vornherein an. So waren die Sportgemeinschaften der SS normale Mitgliedsvereine. Hohe SS-Führer übernahmen verantwortliche Positionen im DRL (z.B. SS-Brigadegeneral Richard Herrmann Leiter des SS-Sportamtes; bis 1942 Fachamtsleiter für Hand- und Basketball, ab 1938 auch Präsident des Internationalen Handballbundes oder SS-Standartenführer Dr. Karl Ritter von Halt Fachamtsleiter für Leichtathletik).

Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen (NSRL)

Mit der durch Führererlass vom 21.12.1938 befohlenen Umgestaltung zum NSRL als einer von der NSDAP betreuten Anschlussorganisation bestimmte nunmehr der Reichsorganisationsleiter der Partei über die regionale Gliederung. Als von Tschammer und Osten diese Tatsache mit seiner Anordnung vom 15.05.1939 modifizierte: „Der NSRL ist die umfassende Leibeserziehungsgemeinschaft des deutschen Volkes”, die Leistungs- und Wettkampfsport, aber auch „Leibeserziehung auf breitester Grundlage” betreibt, brachen die Konflikte mit der SA und der KdF wieder auf. Ohne Konsultation mit dem Reichssportführer regelte Robert Ley (Reichsleiter und Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Führer der Deutschen Arbeitsfront und damit der KdF) am 03.06.1939 die gebietliche Gliederung des NSRL, indem er sie der Gliederung der NSDAP anglich. Der NSRL war demnach in Sportbereiche, Sportgaue, Sportbezirke, Sportkreise und Ortssportgemeinschaften gegliedert. (Bei der verfügten Bildung von Ortssportgemeinschaften und damit der kompletten Eingliederung in das NSDAP-System kommt der Interessenkonflikt zwischen von Tschammer und Osten und Ley am offensichtlichsten zum Vorschein. Jedoch aus wirtschaftlichen und Praktikabilitätsgründen blieb es bei der alten Vereinsstruktur. Allerdings hatten diese das Führerprinzip umzusetzen. Es wurde der neue Begriff der „deutschen Gemeinschaft” geprägt.)
In seinen Ausführungsbestimmungen versuchte der Reichssportführer diesen Erlass zu mildern, in dem die Zusammenlegung der Gaue nur dort erfolgen sollte, wo es der praktische Sportbetrieb erforderte: Sportbereich Ostpreußen: Gaue Danzig und Ostpreußen (Umstellung erfolgte erst Mitte 1940), Sportbereich Berlin-Mark Brandenburg: Gaue Berlin und Mark Brandenburg (Umstellung erfolgte erst Anfang 1940), Sportbereich Mitte: Gaue Magdeburg-Anhalt, Halle-Merseburg und Thüringen, Sportbereich Nordmark: Gaue Hamburg, Mecklenburg und Schleswig-Holstein, Sportbereich Niedersachsen: Gaue Osthannover, Südhannover-Braunschweig und Weser-Ems, Sportbereich Westfalen: Gaue Westfalen-Nord und Westfalen-Süd, Sportbereich Niederrhein: Gaue Düsseldorf und Essen, Sportbereich Mittelrhein: Gaue Koblenz-Trier und Köln-Aachen, Sportbereich Bayern: Gaue Bayerische Ostmark, Franken, Mainfranken, München-Oberbayern und Schwaben, Sportbereich Ostmark: Gaue Kärnten, Niederdonau, Oberdonau, Salzburg, Steiermark, Tirol-Vorarlberg und Wien. Die Gaue Pommern, Schlesien, Sachsen, Baden, Württemberg-Hohenzollern und Sudetenland blieben erhalten und wurden direkt Sportbereiche. Für die Gaue Hessen-Nassau, Kurhessen und Saarpfalz wurde eine Sonderregelung angekündigt und 1941 mit der Gründung des Sportbereiches Westmark umgesetzt. Wenig später wurde der Sportbereich Südwest umgebildet und der Sportbereich Hessen aufgelöst. Neu entstanden die Sportgaue Hessen-Nassau und Kurhessen. Der Sportbereich Westmark wurde, ergänzt um Teile des aufgelösten Sportbereichs Südwest, in Sportgau Westmark umbenannt.
Auch durch die Annexionspolitik des Dritten Reiches kam die Organisationsstruktur des NSRL nicht zur Ruhe. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 war es am 11.04.1938 als Deutsch-Österreich XVII. Gau im NSRL geworden. Auf der ersten Reichstagung des NSRL am 15.01.1939 war der annektierte Sudetengau als XVIII. Gau aufgenommen worden. (Der völkische Deutsche Turnverband in der Tschechoslowakei [Verbandsturnwart 1933-1938 Willi Brandner, später Beauftragter für das Gau Sudetenland, SS-Oberführer] spielte bei der „Heim-ins-Reich”-Kampagne eine entscheidende Rolle. Sein bisheriger Verbandsturnwart [bis 1933] Konrad Henlein war auch Führer des politischen Kampfes [Führer der Sudetendeutschen Heimatfront bzw. Partei, ab 1939 Gauleiter und Reichsstatthalter der NSDAP im Sudetengau]. 1938 wurde der Deutsche Turnverband zum Deutschen Turn- und Sportfest nach Breslau eingeladen. Nach ihrer Rückkehr formierten sich die Turner zum „Freiwilligen Schutzkorps”. Der Deutsche Turnverband löste sich nach der Annektierung auf.) Der Sportgau bzw. -bereich Danzig-Westpreußen-Posen wurde nach der Zerschlagung Polens in Danzig-Westpreußen umbenannt und bildete mit dem neugegründeten Sportgau Wartheland den Sportbereich XIX Ostland. Nach dem Blitzkrieg gegen Frankreich entstand der Sportbereich XIVa Elsaß (kommissarisch vom Sportbereich Baden geleitet). Lothringen hingegen wurde nur von einem Beauftragten für Leibesübungen verwaltet, der dem Sportbereich XIII Südwest angehörte. Erst vier Jahre nach der Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren wurde auch der gleichnamige Sportgau eingerichtet. Seine Sonderstellung erkennt man auch an der nicht erfolgten Nummerierung.
1941 begann ein rückläufiger Prozess mit der Auflösung von Sportbereichen und ihrer Rückbenennung in Gaue. Zum 01.08.1941 verfügte der Reichssportführer die Auflösung des Sportbereichs Schlesien und die Bildung der Sportgaue Ober- und Niederschlesien. Ebenfalls noch im August 1941 erfolgte die Abtrennung des Sportgaues Moselland vom Sportbereich Mittelrhein, der zum Sportgau Köln-Aachen wurde. Der Sportbereich Bayern wurde wieder in seine fünf Gaue zerlegt. Die Sportbereiche Niedersachsen und Nordmark wurden in jeweils drei Sportgaue aufgeteilt. Bei anderen Sportbereichen, wo die Grenzen mit den Gauen der NSDAP übereinstimmten, erfolgte lediglich die Rückbenennung in Sportgaue. Die Neugliederung der Sportbereiche Berlin-Mark Brandenburg, Mitte, Westfalen, Niederrhein und Donau-Alpenland (ehemals Ostmark) wurde aufgeschoben. Am Ende dieser endlosen und formalistischen Prozedur erklärte die Sportführung, einen Schlussstrich ziehen zu wollen. Aus den ehemals 24 Sportbereichen waren mittlerweile 42 Sportgaue mit 220 Sportbezirken und 900 Sportkreisen geworden.
Am Ende stand eine Vervierfachung der Dienststellen und damit einhergehend ein Vordringen von Parteifunktionären in die Gauführungen. Wobei natürlich auch vorher schon alle Funktionäre nach ihrer politischen Verlässlichkeit ausgewählt worden waren. Die Funktionäre in der Reichsführung hatten alle mittlere oder hohe Dienstgrade in der NSDAP oder ähnlichen Organisationen (SA, SS).
Die Reichsführung des NSRL umfasste 10 Abteilungen, darunter die Sportabteilung (Leiter SS-Obersturmführer Arthur Jensch), die für die technisch-fachlichen Fragen des Sports (z.B. Wettkampfwesen) verantwortlich war. Während die Geschäftsstellen der 15 Reichsfachämter der Sportabteilung angeschlossen waren, waren die Geschäftsstellen der Verbände der Gruppe B direkt der Reichsführung unterstellt.
Am 25.03.1943 starb SA-Obergruppenführer Hans von Tschammer und Osten. SA-Brigadeführer Arno Breitmeyer, seit 1934 sein Stellvertreter, übernahm kommissarisch die Nachfolge, ehe im September 1944 SS-Standartenführer Dr. Karl Ritter von Halt ehrenamtlicher Reichssportführer bis zur Auflösung des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen 1945 wurde. Mit Gesetz Nr. 5 der us-amerikanischen Militärregierung vom 31.05.1945 wurde die NSDAP und alle von ihr abhängigen Organisationen wie der NSRL aufgelöst und mit dem vom Alliierten Kontrollrat erlassenen Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10.10.1945 wurde die NSDAP und alle von ihr abhängigen Organisationen wie der NSRL verboten.
„Die Führung der bürgerlichen Turn- und Sportverbände hat den politischen Auftrag gewollt. Sie muss erfahren, dass die Bindung an Staat und Partei zur Fessel wird. Indem sie das autoritäre System willig anerkennt, gibt sie das Prinzip der Selbstbestimmung preis und lässt es geschehen, dass der Sport zu einem Instrument der nationalsozialistischen Herrschaft wird.” (Hajo Bernett: Der Weg des Sports in die nationalsozialistische Diktatur, Verlag Karl Hofmann, Schorndorf 1983)

Reichssportführer

28.04.1933 - 19.07.1933 Hans von Tschammer und Osten, Reichskommissar für Turnen und Sport
19.07.1933 - 25.03.1943 🕆 Hans von Tschammer und Osten
25.03.1943 - 18.09.1944 🕆 Arno Breitmeyer, kommissarisch
18.09.1944 - 08.05.1945 Dr. Karl Ritter von Halt



Letzte Änderung: 20.01.2022